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Aktuelle Zeit: 12.05.2024, 16:08:15





 Siezen/Duzen - Übersetzungen von DGS in die Deutsche Sprache


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Wie ja ein jedermann weiß, unterscheidet die Deutsche Sprache anders als die DGS,
bei der Anrede zwischen zwei Möglichkeiten - das Siezen und das Duzen.

Dieser Unterschied im Anredesystem ist sicherlich durch die jeweilige geschichtliche
Entwicklung und das kulturelle Selbstverständnis einer jeden Sprachgruppe bedingt.

(Eventuell gibt es hierzu bereits - mir nicht bekannte - Forschungsarbeiten?
Würd mich brennend interessieren =)

Vielleicht hat die Gehörlosengemeinschaft in ihren Anfängen eine Unterscheidung
zwischen "Sie" und "Du" einfach für nicht nötig erachtet, weil - banal ausgedrückt -
doch eben alle "gleich wert" sind... alles eine Frage der kulturellen Perspektive.

Wie auch immer. In den letzten Jahrzehnten werden jetzt also vermehrt Übersetzungen
von DGS in die deutsche Schriftsprache vorgenommen (u.a. Das Zeichen, DGZ, LifeInsight,
bei der Untertitelung in Sehen Statt Hören) und ich frage mich, wie diese unterschiedlichen
Anredesystemen bei der Übersetzung angegangen werden.

Mir ist z.b. aufgefallen, dass bei verschriftlichen Interviews in "Das Zeichen" der Interviewpartner
mit "Du" angeredet wird, die kulturelle Übersetzung in die deutsche Sprache, wo hier also
"Sie" hätte angewendet werden sollen, außer acht bleibt.

Soll man es hier wie bei der Übersetzung vom Englischen in Deutschen halten und versuchen
anhand der Beziehung zueinander rauszufinden, ob hier nun gesiezt oder doch gedutzt wird
und dies entsprechend anwenden.

Oder doch - auch wenn hier die DGS in die deutsche Sprache und damit in ihre kulturellen Eigenarten
übersetzt wird - darauf bestehen, dass bei "Verschriftlichung und somit Verdeutschung" unser
"Du" weiterhin bei allen Anreden (zu wem immer auch) verwendet wird, um somit
unser kulturelles Denkgut zu demonstrieren?



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@impellere:
Wenn bei DGS-Übersetzungen das “Du” verwendet wird, gehe ich immer davon aus, dass die Leute sich persönlich kennen.

Würde immer "Du" übersetzt, unabhängig von Person und Situation, kann das zumindest bei Hörenden komisch bis peinlich ankommen (Beispiel: "Hallo Frau Merkel, wie ist deine Meinung zum Gleichstellungsgesetz?")

Forschungsarbeiten kenne ich nicht, aber Infos aus dem DaZiel-Projekt. Auf Seite 4 weiter unten wird beschrieben, wie “Siezen” in DGS aussehen könnte, auch etwas zum Thema "gleich wert" bzw. "Hierarchie".

http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/DaZ ... _2_C_1.pdf



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Boom - Sie Müll! Taubstummer kennt "Sie" nicht! [british]


BOOOOOOOOORN TOOOOOOOOO SIGN!!!!!!!!



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@impellere,
wie das englische 'you' auf Deutsch uebersetzt wird, lies mal Romane aus dem Englischen, die viel Dialog enthalten. Hoffentlich wirst du genuegend Faelle finden, wie ein Dialog zwischen zwei Fremden gehandhabt wird.

Ich habe das Gefuehl, das Siezen ist beim Ebben, als Einfluss von den Internet Foren, wo das Duzen fast immer verwendet wird.

Ich lese DER SPIEGEL weniger. Wie wird das beim Spiegel Interview gemacht?


Hartmut



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Taubstummer gebärdet zu Chef:"Du Ausbeuter!" Dolmetscherin übersetzt: "Sie Ausbeuter!"[british]


BOOOOOOOOORN TOOOOOOOOO SIGN!!!!!!!!



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@Hariboa, danke für die Link. Thema wird da zwar nur ganz knapp angerissen,
aber immerhin eine kleine Bestätigung =)


Aber sonst, ich hab jetzt nicht die Übersetzung der DGS in die Lautsprache
oder eine Übersetzung für Hörende gemeint. Da sollen imo auf jeden Fall
die kulturellen Unterschiede berücksichtigt werden, also entsprechend
gedutzt oder gesiezt werden - sonst käme das ja nicht so toll rüber -
wie bei dem Beispiel von Hariboa.

Sondern die Übersetzung der DGS in die Schriftsprache für Hörgeschädigte selbst
bzw. für die Gebärdensprachgemeinschaft, d.h. also die Übersetzung in
"Das Zeichen", "LifeInsight", "DGZ", Untertitelung in Sehen statt Hören.

Hartmut, ich hab also damit nicht den SPIEGEL gemeint.
(btw: bei ihren Interviews wird glücklicherweise nach wie vor gesiezt [wink] )


Gerade da ist es mir aufgefallen, dass das Siezen praktisch nicht vorkommt.
Und mich interessiert es wie oben bereits gesagt, ob das bewusst von den Redakteuren gewollt war.



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Ich finde schon, daß man beim "Du" bleiben sollte, in Zeitschriften für GL.
Für GL ist das normal so, und für Hörende, die das lesen eben eine interessante "aha" Erfahrung.

Ansonsten denke ich, daß es Sache des Übersetzers ist, wie er es regeln will. Wenn GL ganz sicher gehen wollen und Peinlichkeiten vermeiden, um beim Beispiel mit Frau Merkel zu bleiben, kann der GL gebärden "Ich weiß nicht wie der Dolmi jetzt übersetzt, in der GS gibt es kein Sie, also wenn Dolmi jetzt alles Du übersetzt, ist das keine Unhöflichkeit, sondern Teil unserer Kultur. Also was meinst du zur Gleichstellung?"

Ich las mal einen isländischen Krimi, im Isländischen gibt es auch kein "Sie". Der Übersetzer machte eine Vorbemerkung dazu, und blieb dann auch beim "Du", wo im deutschen "Sie" angebracht wäre.

Ich finde es okay, wenn es mal so, mal so gehandhabt wird. Einige Übersetzer sind eher traditionell und übersetzen "Sie", andere mehr unkonventionell und bleiben beim "Du", ebenso wünschen einige GL, daß sie mit "Sie" übersetzt werden, anderen ist das wurscht.

b.




 Siezen/Duzen - Übersetzungen von DGS in die Deutsche Sprache





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