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Virtuelles Kommunikationsforum für Gebärdensprachnutzer
Aktuelle Zeit: 12.05.2024, 12:37:08





 Fühlst du dich behindert??


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@picat
“stell dir vor, dir sagt niemand, was du noch machen könntest. z.B dass du das Recht hast, deinen Arbeitsplatz "taubspezifisch" zu machen - dann wärest du arm dran - oder du weisst es aber und andere tun keinen Schritt mehr, um es zu verwirklichen!“

Das brauche ich mir nicht vorzustellen, ich weiss das einfach: Es hat mir tatsächlich NIEMAND gesagt, was ich tun könnte!! Ohne Internet, besonders die diversen Diskussionsforen und der Austausch mit eMails, ICQ,... – du hast recht: Ich wäre arm!

Und zweitens habe ich auch erkannt, WO das Problem lag, warum Hörende meine Taubheit immer vergessen und wie ein Papagei reden...
Das Problem war ICH selbst! (Das habe ich hier in diesen Forum schon ausführliche, lange Beiträge geschrieben, falls euch das interessiert, könnte ich das mal mit der Suchmaschine rausfischen, aber ich werde leider wieder einige Tage nicht mehr da sein..)

“Ich muss noch nach 12 Jahren Arbeit ( ich hatte keinen Arbeitsplatz, der "taubspezifisch" ist), um einen behindertengerechten Arbeitsplatz kämpfen... wo ist das, was den Behinderten besser geht???“

Huch..., welch ein Zufall: Auch bin ich 12 Jahren in meiner Firma tätig. :o)
Wo das ist, was den Behinderten besser geht: in einer KLEINE Firma.

“Sei wirklich froh, dass du einen solchen Arbeitsplatz hast.

Ja, bin ich :) Ich bin einfach ein Glücksschwein, meinen Platz, und genau an diesem Platz brauchen meine Kollegen – auch die von „oben“ – von MIR Informationen, NICHT umgekehrt.
Das heisst, wenn sie „papageiisch“ sprechen = Keine Information! ;-)

“Also ich glaube, dass nicht alle Behinderten in diesem Land wegen des Rechts gut aufgehoben sind!!“

Hmm, wie genau meinst du das? Meine Firma und sogar der Integrationsamt hat nicht mal einen Centchen für mein taubspezifischen Arbeitsplatz ausgegeben...

“Frage: hast du wirklich sehr um deinen "taubspezifischen" Arbeitsplatz kämpfen müssen??

Hmm, .. (ich überlege seit Minuten um eine Antwort).. Die Beste Antwort ist, wenn ich ab 3 Seiten schreibe, statt in ein oder zwei Sätzen..
Ich habe erstens um MICH gekämpft.. Bis ich im Klaren bin, wer ich bin, habe ich mich einfach NACH 8 oder 9 Jahren auf dem Kopf gestellt: Als wir einen neuen VORGESETZTEN bekamen, mit dem ich öfters zusammenarbeiten werde, stellte ich mich bei ihm als „TAUBSTUMMER“ vor. (Beachte meine Anführungszeichen)
Was passierte dann? Eine Woche später siehts schon bunter aus...
(Ausführlichen Text habe ich auch schon hier im Forum geschrieben..)

“Ich sage, da nicht, dass einer auf Umwegen deswegen behindert ist - sondern, dass die Wünsche Behinderte beinahe unmöglich gemacht werden. (siehe Behindertenrecht)“

Wie zum Beispiel? (lassen wir Rollis und Blinde aussen)

“Ich hatte auch auf Umwegen mein Abi abgeschlossen... das hatte mich nicht so gestört, aber solange man in der Schule ist, ist man wohl sehr gut aufgehoben. Aber wenn es ums Geld geht ( Arbeit, Steuer, Unkosten von technischen Hilfsmitteln und Dolmis), dann wirds eng!!!“

Wärst du Hörend, bräuchtest du keine Dolmis und techn. Mitteln zu bezahlen, aber wieso gibts genug Hörende, die rote Zahlen aufs Konto haben?!

“Die Abhängigkeit ist eine Sache: Solange du den Dolmi immer für dich hast, denk ich, dass das kein Problem sein wird - aber wenn der mal ausfällt - dann biste ganz schön behindert!“

Oooh, lieber Picat, einmal weigerte mein Auto, mich zur Arbeit zu fahren..., ich stand wie eine Katze im Regen, musste dreimal mit öffentl. Verkehrsmitteln umsteigen eine sch.. –Verbindung,... ich war ja schön behindert, nicht? OK, das kann man doch hinnehmen, ist nur eine Kleinigkeit, - auch wenn der Dolmi EINMAL nicht kam. Weißt du, früher gab es keine Dolmis...

“Gut - wenn ein Chinese 4 Wo in Deutschland ist, muss er klar das Deutsch lernen - ist echt sauschwer. Uns ist es ja bewusst, dass es schwer ist, was tun wir: ihn unterstützen, in dem wir langsamer reden.“

Ich fragte, ob der Chinese ein Behinderter sei.
Beispiel: Sitznachbar zum anderen: „Warum spricht der gelber Mann nicht?“
Antwort: „Weil er Chinese ist (und unsere Sprache nicht versteht).“
Die falsche Antwort wäre: „Weil er ein (Sprach)Behinderter ist.“

Beispiel: Sitznachbar zum anderen: „Warum spricht der starräugige Mann nicht?“
Antwort: „Weil er taub ist (und unsere Sprache nicht versteht).“
Die falsche Antwort wäre: „Weil er ein (Sprach)Behinderter ist.“

-- Sorry, mein Bett winkt auf mich und strampft auf dem Boden...

Last bot not least
@Maja
ich glaube nicht, dass du mich wirklich verstanden hast, was ich damit meine…
Du schreibst, dass der Chinese 1 Mrd...
..und Deafies kein „Land“ haben?

Du irrst dich aber: Die Deaf-Culture kann man als ein „Land“ nennen.

Good Night.


______________________________________
Was ich nicht weiss, weiss www.google.de ;-)



Spitzenmitglied



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    picat: Aber was erleben wir immer wieder; obwohl z.B Arbeitskollegen, mit denen wir täglich zusammen sind, wissen, dass der eine taub ist oder sh ist, reden sie halt trotzdem wie ein Wasserfall! Was müssen wir andauernd tun? Ihnen immer wieder sagen: "HALLLOOOO WISST IHR NICHT DASS ICH SO VERSTEHEN KANN!!" - auf die Dauer nervt das auf alle beiden Seiten!
Man ist klar behindert, wenn man solche Unterhaltung von Arbeitskollegen teilnehmen will. Man ist nicht behindert, wenn ihm bewusst ist, daß er nicht an dieses Gespräch teilnehmen kann und lieber um anderes kümmern sollte. Ein Mensch (z.B. Gehörlose) hat halt diese Wille in sich, genauso wie Menschen (z.B. Hörende) sein zu wollen, um das Gespräch teilzunehmen. Wer sich gut akzeptieren kann, würde nicht einmal dran denken, das Gespräch teilnehmen zu wollen, denke ich!

Die surreale Vorstellung, die aber vergleichbar sein konnte: Sowie wir Menschen würden nicht einmal dran denken, fliegen zu wollen, obwohl die Vögel überall zu sehen sind. Weil uns allen ganz klar ist, daß wir niemals "normal" fliegen können. Aber wir können uns ja blöde Hoffnung machen, falls die Ärzten uns erzählten, daß wir mit solche Technik etwas fliegen können. Wir hätten dann mit diese "Flügel-Implantat" solche psychische Probleme, weil wir nie normal sein können wie die Vögel.

[crazy] [crazy]

Viele Gehörlosen sind behindert, weil sie wenig oder mehr diese Ziele der Hörenden, Wege der Hörenden usw. haben. Sie wurden halt falsch erzogen und falsch gefördert!

Maja Mellifica, hoffentlich denkst du nicht so wie die meistens, daß es nur 2 Welten gibt: Die Hörende und Gehörlose. Es gibt auf der Erde zwar Millionen Welten, wie ich irgendwo hier im Forum schon einmal erwähnte. Du und Gehard Schröder leben natürlich nicht in der gleichen Welt. Ihr werdet euch eher nie treffen, weil ihr in unterschiedliche Welten mit unterschiedliche Interesse, Ziele usw. lebt. Also, die Gehörlosen können sich ebenso wie die Chinesen zu ihre eigene Welt mit eigene Kultur zurückziehen. Zwar sind die Gehörlosen in einem riesigen Land überallhin verteilt worden. Wenn sie sich treffen wollen, müssen sie eben weit fahren. Dran sind wir schon gewöhnt! Wir müssen nicht unbedingt mit Hörenden, die uns wie Ameisen vorbeilaufen, anfangen. Die Hörenden sind dran gewöhnt, mit jeden anfangen zu müssen.

    Mal was lustiges: Ein hörendes Mädel hat mich per MSN gesagt, daß sie die Übernachtungmöglichkeit in Frankfurt am Main (30km weit weg von unserem Dorf) suchte, wo dort eine Party stattfand. Ich musste nur noch grinsen, wo ich mal nach Bremen zur Faschingsparty für mehre Kilometern fuhr. Und ich fuhr danach wieder nach Hause zurück - ohne Übernachtung! Ich finde es ganz normal, was ich tat. Ich finde es NICHT normal, was das Mädchen mit ihre Übernachtungssucherei tat. Sie fand es ebenso nicht normal, was ich tat. Aber normal, was sie tat. Welche Tat von uns am normalsten ist, soll keiner beantworten!

Ach, wir brauchen uns keine Gedanken machen, daß wir dran arm wären, wenn wir keine solche Hilfsmitteln hätten. Es ist halt so, wie unsere Erde sich entwickelt hat. Sowie: Die Arbeitern wären ohne Gewerkschaften arm dran?!

Heute ist es so, daß man mit dem Auto weit fahren muss. Keiner sagt ihm, daß er ohne sein Auto arm dran wäre. Es gäbe kein Auto, was dann? Er müsste ohne seine Auto dann mit Füße zum Arbeiten gehen! Wieso? Er würde ohne seine Auto ja anders machen - z.B. in seinem Garten arbeiten.

Nicht nur die Gehörlosen sind von Technik, Diskussion usw. abhängig. Sondern wir alle Menschen.



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Moin Bengie ...

Nun ... es ist schwer sich korekt auszudrücken ... "2 Welten" ... sagen wir
so ... Gehörlose unterscheiden sich von Hörenden recht stark, obwohl sie
genauso ein normales Leben führen, gibt es verschiedene Probleme mit
den Hörenden. Das entscheidene: die Gesellschaft in der Gehörlose leben
(müssen) wird zum größten Teil von den Hörenden geformt! Die hier
beschriebenen "Behinderungen" sind daher oft im Zusammenhang mit
dieser von Hörenden geformten Gesellschaft zu sehen.

Die Frage: wie bewertet man es ... oder wie geht man damit um?

Ich finde die Einstellung von Bengie nicht schlecht: So wie alle Menschen
bestimmte Dinge hinnehmen und sich nicht von ihnen gestört fühlen,
kann natürlich ein Gehörloser seine Gehörlosigkeit als naturgegeben
hinnehmen und mit bestimmten Gegebenheiten die damit in Verbindung
stehen, seinen Frieden schließen! Wer das kann hat schon viel gewonnen,
doch sicher gilt es die Waage zu halten zwischen ... akzeptieren und "um
Rechte kämpfen" ...

Sicher sollte man hinhören wenn sich jemand "behindert fühlt" ... darüber
nachzudenken und zu reden wird nicht schaden!

Wo gerade das Thema "Arbeit" oben angesprochen wurde ...
Ich habe gehört, dass Arbeitgeber, die einen Gehörlosee einstellen, nur
20% bis 40% der Lohnkosten für diesen tragen müssen. In einem
aktuellen Fall erlebe ich aber gerade mit, dass troz dieses
Entgegenkommens der Arbeitgeber gemeint hat: er würde für die ersten
drei Monate gar kein Gehalt zahlen! Ich weis nicht wie man solchem
Verbrecherpack entgegentreten soll!
Wenn ich mir meinen neuen Arbeitsplatz ansehe, dann kann ich mir kaum
vorstellen, dass hier Gehörlose arbeiten könnten! Würde jeder Mensch
(Hörende) etwas Gebärdensprache können, wäre es sicherlich um vieles
einfacher Gehörlose in den meisten Bereichen zu integrieren.



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@mellifica
Du sagst es!
Das Hauptproblem ist immer der Arbeitsplatz bzw. Arbeitsfindung. Ich glaube, die meisten GL und SH könnten mehrer Geld verdienen, wenn alle Arbeitsplätze GL-spezifisch oder sh-spezifisch wären.

Ich habe vor 1 1/2 Jahren meine HG anpassen lassen, kam zu erheblichen Schwierigkeiten - da ich hochgradig sh war und die HG-Auswahl für hochgradig SH sehr gering ist. Ich fragte den Akustiker, warum es bei mittelgradig SH die HG-Auswahl viel breiter war als die für die Hochgradigschwerhörigen. Ich bekam zur Antwort: "Ja, die Hochgradigschwerhörigen verdienen ja nicht so viel - und in diesem Sektor würde die Wirtschaft von seiten der HG-Entwicklung für Hochgradig-SH nicht so hochgekurbelt." Ich war da ziemlich sprachlos über diese Antwort.
Hinterher war ich enttäuscht über die Situtation der GL bzw Hochgradigen.

Was machen die GL und die Hochgradig-SH? Die versuchen einen Job zu finden, der wenig Anspruch auf Kommunikation Hörender verlangt. Da wird das Berufsspektrum enger! Bestimmt sind es Berufe, wo der Lohn nicht so toll ist.



Spitzenmitglied



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@Dr.Null,
du verfolgst für den Begriff "behindern" die gleiche Definition der gesellschaftlichen Behinderung, wie ich und anscheinend auch die meisten Posters, nicht die körperliche Beeinträchtigung, wie IK. Das Wort "Behinderung" betrifft lediglich nur solche Schwierigkeiten, die im Zusammenleben mit Hörenden (oder in der gesellschaftlichen Mehrheit) entstehen, welche unsere gleichwertige Teilhabe in der Gesellschaft erschweren und diskriminierend wirken.

Daraus leitet sich ab, dass nicht jede Erschwernis oder Unfähigkeit als Behinderung anzusehen sei. Deine und Bengies Beispiele zeigen das. Die Gegenüberstellung von Hörenkönnen und Nichthörenkönnen wird gleichgestellt z.B. mit Fliegen und Autofahren.

Dein Chinese-Beispiel passt hier. Wir brauchen Anpassung wegen der Sprache. Picat schlägt eine Anpassung vor, wie man mit einem deutschlernenden Chinesen umgehen solle. Wenn das nicht klappt, muss ein Dolmetscher her sein. Soweit alles freiwillig. Aber für einen tauben Mitmenschen gibt es andere konkrete Anpassungen, die leider per Gesetz erzwungen werden müssen, weil mit der reinen Freiwilligkeit in der Vergangenheit sehr wenig erreicht worden ist. Ein solches Gesetz regelt, wer die Verantwortung für solche Anpassungen hat und für deren Kosten aufkommen muss. Das Gesetz richtet sich nur gegen Diskriminierungen und Benachteiligungen, nicht gegen andere Dinge, die natürlich mit dem Leben in Taubsein verbunden sind und von anderen, aber nicht von uns, als erschwerend empfunden werden.

@picat: "Abhängigkeit an Dolmetscher", das wird immer von den Gegnern der GS vorgebracht, um uns von der Erlernung der GS abzuhalten oder im Endeffekt die GS unterzudrücken. In Wirklichkeit, Dolmetscher erlauben uns grössere Beteiligung in der Gesellschaft, dessen Recht ja im Grundgesetz auch für uns als Mitbürger verbrieft ist. Dolmetscher erlauben uns unser Leben selbstbestimmter, d.h. unabhängiger, zu gestalten.

Das Unwissen der Rechte an sich ist keine Behinderung, ist schlicht Unwissen, wie ein jeder, der nicht alle gesetzliche Möglichkeiten kennt. Man muss ausserdem Strategien entwickeln, um die Engpässen in der Kommunikation mit Hörenden überzuwinden. Allzuviel Entgegenkommen in oraler Kommunikation erntet weniger Entgegenkommen von Hörenden in der Sache von GS, wenn dann dies sehr notwendig wird. So gestaltet man den Arbeitsplatz taubfreundlich durch das weniger Vorzeigen der oralen Kommunikationsfähigkeiten.


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 24.05.2004, 00:25:40, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



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Aloha picat,

da gebe ich dir wieder recht. :) Was CrazyK!ssG!rl meint, kann ich auch
bei bestem Willen nicht nachvollziehen.

Ich bin schon sehr früh ertaubt und habe mich damit so sehr angewöhnt,
sodass die Taubheit fest in mir verwurzelt ist und daher weiss, dass es
sowas wie "normal" ist wie die Hörende das tägliche Hören für normal halten.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



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hi lukbo,

oh jeh! Da hast du ganz bestimmt lange gebraucht bis du mit der GL klarkamst.
Ich habe ja ziemlich lange gebraucht, bis ich mit meinen 4 Hörstürzen fertig geworden bin. Bin von hochgradigSH auf fast GL gerutscht.
War ja schon immer hörbehindert, aber der Ruck nach unten war sehr hart. Ich konnte in der Arbeit niemanden so richtig verstehn. Bis ich nach und nach mehr ablesen musste und es auch lernte, ging es mir dann besser. Aber es ist immer noch schwer!

Wenn du dich so sehr an die Taubheit gewöhnt hast, da muss doch etwas da sein, was dich im Leben doch nach oben bringt. Ich denke die visuellen Reize bauen da einen auf - bzw. man erweitert den visuellen Horizont wenn man taub wird, stimmts?

Ich glaube wir haben es alle mehr oder weniger schwer - aber frei von der Behinderung sind wir alle nicht. ob 1% oder 99% ist egal. Im Inneren sind diejenigen, die sich mit der GL auskommen können, rein gefühlsmäßig nicht behindert, aber mehr oder weniger müssen wir halt viel kompensieren.

Vielleicht ist es wichtig Möglichkeiten zu finden, wo man seine Behinderung minimiert - zB. Gebärden, Ablesen, mehr gucken, sich von www.subtitles.de Untertitel zu holen, im Inet die Nachrichten lesen statt vom Fernseher.
Wir holen uns solche Möglichkeiten, um zu überleben. Vielleicht ist dir auch einiges bekannt, wie mans macht...



Spitzenmitglied



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Aloha picat,

nein, ich bin schon recht früh in Kontakt mit der Gehörlosenwelt
gekommen, da ich wie schon geschrieben, früh ertaubt bin (nach Aussage
meiner Mutter im Alter von 1,5 Jahren). Den ersten Kontakt mit gehörlosen
Kindern hatte ich schon in einem Kindergarten. Richtig bewusst über die
Deaf World wurde ich erst während des Weltkongreß des Gehörlosen-
weltverbandes (WFD) in Wien im Jahr 1995, wo Gehörlose aus aller Welt in
Wien zusammentrafen, gebärdeten und hochinteressante Vorträge
abhielten die ich besuchen konnte und meine Welt veränderten und meinen
Selbstwert positiv beeinflusste. Der Grund, dass es so lange mit dem
Selbstwert dauerte, ist dass in Österreich wo ich aufwuchs, der Unterricht
für gehörlose SchülerInnen ausschliesslich oral gestaltet war und bis heute
noch ist.

Ich würde sagen, ich nehme die Welt von klein auf ausschliesslich visuell
wahr, da trug ich zwar noch Hörgeräte aber an meiner Taubheitsidentität
hat es nicht verändert.. Ich erweitere auch meinen geistigen Horizont
durch verstärkte visuelle Reize. So beschäftige ich mich viel mit den
Zeitungen, Büchern und Lesestoff im Internet und gebärde dann mit
Gehörlosen über politische Sachen, Alltag, Privates, usw.
Gebärdensprachepflege eben! Das ist für mich Gehörlosenwelt pur. Darum
ist für mich Schriftsprache auch so wichtig, für mich sogar wichtiger als
gesprochene Sprache (die beherrsche ich übrigens fast "einwandfrei", für
mich wäre es nicht so tragisch, sollte ich die gesprochene Sprache
irgendwann später schlechter rüberbringen).

Wegen "Behinderung": Ich habe nix dagegen, wenn wir schreiben, "wir
sind behindert". Ich meine aber das nicht ausschliesslich "medizinisch
behindert" im Sinne der Taubheit, sondern auch "gesellschaftlich
behindert", also "benachteiligt" in der Gemeinschaft. Ich schreibe auch
immer wieder das Oxymoron "Ich bin behindert, aber nicht behindert".
Die Behindertenbewegung in Österreich (auch in Deutschland?) versteht
unter "Behinderung" meistens auch als "Benachteiligung" im
gesellschaftlichen Sinne.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



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hi lukbo!

ich bin sehr überrascht über deinen Thread! [ops]

Deine Taubheit hat ja sehr sehr früh angefangen und ich bin sehr erstaunt über dein Deutsch!

Zu dem Thema, dass es bestimmt Dinge gibt, die trotz GL-keit das Leben positiv zu sehen: Es sind die visuellen Reize, die den Horizont erweitern. Danke [smile], dass du es für mich bestätigt hast, denn ich habe - wie gesagt - lange gebraucht, bis ich es psychisch kapiert habe. Ich glaube, je mehr man seine eigene(!!<--- jeder GL oder SH ist verschieden!) Behinderung verstanden hat, um so besser kann der Betroffene im Leben klar kommen, denke ich mal.

das was die Österreicher gemacht haben, war - find ich- nicht ok! In der Schule geht es nur um die Vermittlung des Lehrstoffes. Mit der Gebärdensprache geht es dann da -glaub ich- viel schneller in die Köpfe der Schüler.
Wobei ja die Lautsprache auch wichtig ist...hmm.
Ich glaube, die Päds, Universitätsleut usw. haben es wohl nicht so ganz kapiert, dass man den GL die Gebärdensprache gibt (aber vollständig!) und nebenher die Lautsprache als Fremdsprache. Da fällt sicherlich die Behinderung nicht so schwer, denk ich mal.



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@du null

genau - so fühl ich mich ja auch, ich steh' auf meine hochgradigeSH, und lerne immer mehr meine Behinderung kennen und weiss, was ich tun muss, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Trotzdem sehe ich mich halt als Behinderte, die weiss was sie will und tun muss.



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Ich glaube, dass viele hier nur sagen sie fühlen sich nicht behindert, hängt damit zusammen das das Wort "behindert" einen negativen Touch hat.

Wenn das Wort jetzt die doch eher positive Bedeutung "Einschränkung" bekommt, dann geben viele sicher zu, dass sie sich behindert fühlen...

Brillenträger sind in ihrer Sehkraft eingeschränkt und können einige Sachen deswegen nicht machen, z.B. Pilot werden oder sowas...

Das gleiche gilt doch dann auch für Gehörlose, sie sind in ihrer Hörkraft eingeschränkt und können somit bestimmte Sachen auch nicht machen...

Irre ich mich etwa?!


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@mausirehlein
Dann grenze mal die Definition Behinderung ab?
Oder ab wann ist ein Mensch behindert?
Oder verstehst du denn das so, dass behindert sein blöd oder geistig daneben bedeutet?
Möge mal die Streiterei entfachen [wink]



Spitzenmitglied



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Nein nein nein, so war das gar nicht gemeint! [wink]

Im Gegenteil, eigentlich ist eine Behinderung an sich für mich nichts negatives. Es sei denn der Mensch ist wirklich stark behindert...

Ich hatte schon immer die Auffassung, dass Gehörlosigkeit keine "schlimme" Behinderung ist. Schlimmer finde ich z.B. Blindheit, weil ich es mir einfach überhaupt nicht vorstellen kann wie es ist nichts mer zu sehen...

Behinderung bedeutet für mich in erster Linie eine Einschränkung egal auf welchem Gebiet, aber köperlich gesehen... Eine Behinderung im Straßenverkehr ist für mich nicht das gleiche...

Deswegen finde ich es eigentlich nicht schlimm wenn jemand sagt er fühlt sich behindert, da es in meinen Augen in erster Linie nur um diese körperliche Einschränkung geht.

Ich weiß, dass in der Gesellschaft das Wort "Behinderung" gleich mit etwas schlechtem oder in krassen Fällen sogar mit etwas "nicht-lebensfähigem" verbunden wird, aber ich sehe das eben nicht so...

[wink] Schlimm?! [wink]


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Wichtig ist dass man seine Grenzen realistisch erkennt und diese Grenzen mit bestimmten Mitteln (Dolmi, Absehen, Nachfragen, Untertitel, SMS, Fax, Mail usw) überschreiten. Dann kann man sich sicherlich nicht behindert fühlen, aber man kann keinesfalls sagen, dass man nicht behindert ist.
Wenn man pauschal sagt: "ich bin nicht behindert" - dann taucht ja dann die Frage auf: "Warum nutzt ihr den Behindertenausweis, wenn ihr euch wehr nicht behindert zu sein?"
Man ist immer noch GL und weiss wie man das macht, um glücklich zu sein -dann hat man viel gewonnen!
Sogar psychisch Kranke kommen mit der normalen Welt zurecht, denn sie wissen, wie sie mit ihrer Krankheit umgehen müssen. Sie sind relativ frei und glücklich, keinesfalls aber frei von der Krankheit. ( die haben auch unter Umständen einen Behindertenausweis)

Das allerwichtigste ist, auf die Behinderung stehen und das Beste daraus machen!!



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Aloha Leutz,

nur mal provokatives aus der Sicht eines Frühertaubten:

Sind die Hörenden auch "behindert", weil sie uns die Gebärdensprache, unsere Muttersprache nicht beibringen können, obwohl sie alle ihre Sinne beisammen haben?

Sind die Hörenden auch "behindert", weil sie uns nicht zuhören, dass die Gebärdensprache für uns ebenso wichtig ist wie geschriebene und gesprochene Sprachen auch?

Woher kommt diese Unfähigkeit der Hörenden, über den Tellerrand hinaus zu schauen und uns nur zu "Behinderte" im Ausweis abstempeln und sagen: "der nächste bitte!"

Da verlange ich schon mehr Gegenleistung dafür...

Zu Behindertenausweis: ich bin eher gegen Ausweise zur Identifikation von Personen. Sie fördern eher die Selektion durch die Machthaber und Kolonialisten. Die Belgier waren damals Kolonisten über das afrikanische Land Ruanda. Da leben zwei heimische Völker in Ruanda, darunter auch eine Minderheit und die Belgier führten Ausweise ein, um die Volkszugehörigkeit der Einwohner Ruandas festzustellen. Als der Genozid vor kurzem ausbrach, erleichterten die Ausweise den Terroristen die unterdrückte Minderheit vollständig auszulöschen. Heute tut das den Belgien erst im nachhinein leid, überhaupt die Ausweise eingeführt zu haben und tragen die Mitverantwortung. Was ich damit sagen will, man soll sich dieser Tragweite solcher Einführung von Identifikationsausweisen vorsichtig sein.

Die Behindertenausweise fördern in meinen Augen auch eine Selektion. Deutschland hat 16 Bundesländer und soviel ich aus Berichten deutscher Gehörloser erfahren habe, sind die Gesetze von Land zu Land verschieden und die Behindertenausweise werden unterschiedlich ausgelegt, z.B. wird Gehörlosengeld nicht überall ausbezahlt?!

In Finnland, Dänemark und USA gibt es kein Behindertenausweis, was ich für gut finde, denn da sind taube Bürger den hörenden gleichgestellt. Ich würde die Abschaffung des orange Behindertenausweis in Österreich locker akzeptieren. Die Frage natürlich ist, ob alle andere auch überhaupt mitziehen!


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Man of Wisdom
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Behinderung wird aber nicht durch das Nichtkönnen (aus welchen Gründen auch
immer), sondern durch die fehlende Fähigkeit definiert. Das müsste dir doch klar
sein, Lukbo. Deine Provokation macht in dieser Hinsicht leider wenig Sinn, denn
ich könnte wirklich tausend Beispiele für deine (zwar provokant gemeinte) Behin-
derung-Definition aufzählen. Was hier zählt, ist die Behinderung in Form von mehr
oder weniger defekten Körperteilen und deren Folgen.

Tja, Behindertenausweise sind natürlich nicht da, um uns unter Hörenden zu stellen.
Sie waren ursprünglich gedacht dazu, uns Vorteile, besser: Nachteilsausgleiche zu
verschaffen. Und ich finde, das tut der Ausweis immer noch gut :)

Dein Ruanda-Beispiel ist interessant, aber ich finde, die Entschuldigung der Belgier
hat hier irgendwie eine political-correctness-Funktion. Wirklich schuld sind die Belgier
in dieser Sache nicht. Es gibt halt hier und da mal wieder Missbrauch, wie zB hier der
Missbrauch der Ausweisinformationen. Es gibt immer Informationen, die die Zugehörig-
keit eines Menschen ausweisen oder ihn in seinen Merkmalen beschreiben, gewollt oder
ungewollt. Ist die Natur schuld, weil sie die Juden mit den für sie typischen äußeren Merk-
malen ausstattete und sie somit den Nazis auslieferte? Nein! Das Problem ist der Miss-
brauch (oder auch Fehlinterpretation) von Informationen, nicht die Information an sich.

Uwaahhh, ich weich recht vom Thema ab [schäm]



Spitzenmitglied



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Aloha Immortal King,

wenn man mich fragen würde, ob "ich mich behindert fühle" dann antworte
ich immer mit der Synthese beider Thesen oder Oxymoron. Die Dialektik
geht ja immer davon aus, dass eine bestimmte Situation (These) immer
ihr Gegenteil ins Leben ruft (Anti-These) und dadurch entsteht eine
Spannung und ein Konflikt zwischen den beiden Thesen, die dann in eine
Synthese (einen neuen Zustand) mündet.

Also sage ich immer:

"Ich bin behindert (aufgrund des fehlenden Hörsinns, medizinisch
betrachtet) UND nicht behindert (aufgrund der Andersartigkeit,
gesellschaftlich betrachtet)"


Ich habe nur ein Problem mit den Postern hier damit, dass sie so einseitig
sehen:
- "ich bin behindert" (ohne zu erwähnen, dass sie auch nicht behindert sein
können, weil sie eben anders sind)
- "ich bin nicht behindert" (ohne zu erwähnen, dass sie auch behindert sein
können, weil sie ein medizinisches Defekt haben)

Es gibt übrigens das Sprichwort: "Wenn zwei sich streiten freut sich der
dritte" und wer sind die Dritten? Die Ärzte und Pädagogen natürlich!

Übrigens stimme ich dir zu mit dem Missbrauch von Informationen. Ob das
uns von großem Nutzen ist, fürchte ich langfristig gesehen ist eine andere
Frage (anderes Thema).


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Man of Wisdom
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Ich bin mir natürlich im Klaren, daß es eine sozialwissenschaftliche
Definition von behindert gibt, das einen Gegensatz zur biologischen
Definition (defäitisch klingt mir wie Hetze...) stellt. Aber, um wieder
auf das eigentliche Thema zu kommen:

Es ist egal, welche Definition die richtigere ist und welchen Aspekt
der jeweilige User vertritt, die Frage heisst schliesslich, ob er sich
behindert FÜHLT... ;)



Spitzenmitglied



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Aloha Immortal King,

gute Frage! Das FÜHLEN, so denke ich, kann nach innen als auch nach
außen bezogen sein. So gesehen, wird jeder von uns immer eine eindeutige
(entweder oder) oder eine ganzheitliche (sowohl als auch) Position einnehmen.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Mitglied



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Es gibt übrigens das Sprichwort: "Wenn zwei sich streiten freut sich der
dritte" und wer sind die Dritten? Die Ärzte und Pädagogen natürlich!

Ja - inwiefern freuen sich die Ärzte und Päds? Kann mir nicht so darunter vorstellen, was für sie gut sein kann?



Man of Wisdom
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Allmählich komme ich der Erkenntnis immer näher, daß solche
konstruktive Postings wie das von Sonni uns unseren Spaß am
Rumpalavern in meinem Lieblingsthread nehmen. Naja...



Neuling



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Früher wurde ich immer als "behindert" beleidigt. Weil ich war früher in einer hd-Schule. Jetzt bin ich auf einer hörgeschädigten Schule, da ist anders und klar für mich. Ich denke einfach, hd haben keine Ahnung von Gehörlosen und Schwerhörigen.

Früher, als ich ein Kind war, fühlte ich mich immer behindert, weil ich von Hd Schüler beleidigt wurde. Ich war auch bissle ängstlich. Aber jetzt ist es für mich alles völlig egal, ich fühle mich wie, ander normale Menschen auch, aber ich bin halt hörgeschädigt, da kann man nichts machen!


Ich bin happy!!! :-))))



Spitzenmitglied



offline
@Joe: Ja, wie auch!?!?!?!?!
Woher soll ein Hörender denn wissen wie er mit einem Hörgeschädigten umgehen soll, wenn allein schon solche Sachen gesagt werden wie: "Ih brauche nicht zu sprechen, ich benutze DGS!" oder "Ich brauche keinen Kontakt zu Hörenden, denn ich hab ja meine eigene Kultur und 'Welt'!"

Was soll denn deiner Meinung nach ein Hörender in so einem Fall tun?! Der Gehörlose hilft ihm arantiert nicht dabei seine Vorurteile abzubauen und somit entsteht das Vorurteil, dass ALLE (was überhaupt nicht stimmt!) Hörenden schlecht über Gehörlose denken und sie nur beleidigen und bla bla bla...

Ich habe schon geschrieben was für mich eine Behinderung ist und das kannst du gerne nochmal nachlesen... [wink]

Ich kann deinen Vergleich mit der Hänselei auch prima umdrehen und für mich nutzen!
Als ich damals DGS lernen wollte hat mir kein GL helfen können, da ich immer zu ängstlich war sie anzusprechen oder so...
Nun habe ich es ja geschafft, aber als ich auf einer Party zu der Musik auf dem Tisch etwas trommelte, da lästerten irgendwelche GLs über mich und machten sich lustig über mich... Was ist daran jetzt fair, he?!

Ich finde es einfach unfair, wenn ihr die ganze Zeit auf den HDs rumhackt, denn das sieht von eurer Seite auch nicht besser aus und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich auch immer ein isschen ngegriffen fühle, wenn solche Sprüche kommen wie "alle HD denken GLs sind dumm!"...
Aus meinem Freundes- und Familienkreis kann ich euch ganz spontan fast 100 Leute aufzählen, die nicht s denken.... [wink]


:HOMEPAGE: KiTOSi - FiLME erleben mit UNTERTiTEL



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ja , da hat nayuma wirklich recht:

Die HD wollen auch wissen, was es für eine Welt ist, wo die GL sind. Nur wenn die GL sagen, dass sie keine HD brauchen, dann denke ich, dass die HD sich denken:" Was wollen die ja von uns? Einmal wollen sie dass wir auf sie Rücksicht nehmen und anderes Mal wollen sie von den Hörenden (weil sie ja Musik hören können) gar nichts wissen Das ist ja völlig paradox! "

Auf beide Seiten ist es nicht schön, jemanden zu hänseln, wenn der jemand anders ist. Oder schlimmer einer Ideologie festzunageln und andere in Verzweiflung zu bringen! ( hier könnte man sich wirklich vom Gefühl her behindert fühlen!)

Also an alle GL: Zeigt Euer Können im tauben Zustand - die HD sind im Grunde immer begeistert über die Gebärdensprache.
Hier können Brücken gebaut werden - zwischen GL und HD!



Neuling



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Nein, ich fühle mich wie normal, weil habe ich viele hörend freunde,
ich passe mit meine freunde sehr,
wir unterhalten sehr viel und nicht thzema als behindert.
Zum glück habe ich.
wenn jemand fragt mich, wie fühle ich als behindert, und sagte ich, ich fühle mich nicht behindert, so einfach, sei mutig.



Mitglied
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*Mal bissel widersprüchiges sagt* Passt zwar nicht zu der momentane Diskussion...


Wir kennen unsere Behinderung als nichts anderes, weil wir damit aufgewachsen sind und wissen wie man damit umgeht. Von daher fühlen wir uns spontan nicht behindert aber wenn Kommunikationsschwierigkeiten etc. auftreten, dann merken wir unsere Behinderung. Ist doch so, oder?


real friends always stay connected



Mitglied



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@Curly ...

nun .. ich habe ein paar kilo zu viel und bin so aufgewachsen, eigentlich fühle ich mich nicht behindert, doch wenn ich dann plötzlich 5000 Meter laufen soll, merke ich schon dass ich behindert werde ...



Mitglied
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Kilos und Hörbehinderungen haben nichts gemeinsames!
Kilos kann runterhungern oder auf Diät setzen. Eine
Hörschädigung nicht. SIe bleibt, bis wir tot sind.


real friends always stay connected



Neuling



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Was wäre es dass ich einfach ohne Problem auf breitem Weg laufen kann.

Fühle ich mich schon in besonderer Lage behindert, wenn ich nicht erreiche, welche es leicht für Nichtbehinderte wäre



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@Lilie

Ähm....könntest du das bitte genauer definieren was du meinst?


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Neuling



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Ich meine damit, wenn jemand sich nicht behindert fühlt,
d.h. jemand hat kein Problem mit allen was im Leben betriftt.



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CurlySmoothly hat geschrieben:
Kilos und Hörbehinderungen haben nichts gemeinsames!
Kilos kann runterhungern oder auf Diät setzen. Eine
Hörschädigung nicht. SIe bleibt, bis wir tot sind.


was ich damit sagen wollte ...
jeder stößt an seine Grenzen ...
Grenzen gibt es für jeden und überall ... bei "Hörbehinderung" sind die Grenzen anders gesetzt, aber trozdem ist der "Hörbehinderte" nicht anders als andere Menschen.

Kommunikation funktioniert bei Hörenden auch oft nicht.



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Maja Mellifica hat geschrieben:
CurlySmoothly hat geschrieben:
Kilos und Hörbehinderungen haben nichts gemeinsames!
Kilos kann runterhungern oder auf Diät setzen. Eine
Hörschädigung nicht. SIe bleibt, bis wir tot sind.


was ich damit sagen wollte ...
jeder stößt an seine Grenzen ...
Grenzen gibt es für jeden und überall ... bei "Hörbehinderung" sind die Grenzen anders gesetzt, aber trozdem ist der "Hörbehinderte" nicht anders als andere Menschen.

Kommunikation funktioniert bei Hörenden auch oft nicht.



Einfach aus Spontanität mal fragt:

Inwiefern klappt die Kommunikation unter Hörenden nicht...?


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CurlySmoothly hat geschrieben:
Maja Mellifica hat geschrieben:
CurlySmoothly hat geschrieben:
Kilos und Hörbehinderungen haben nichts gemeinsames!
Kilos kann runterhungern oder auf Diät setzen. Eine
Hörschädigung nicht. SIe bleibt, bis wir tot sind.


was ich damit sagen wollte ...
jeder stößt an seine Grenzen ...
Grenzen gibt es für jeden und überall ... bei "Hörbehinderung" sind die Grenzen anders gesetzt, aber trozdem ist der "Hörbehinderte" nicht anders als andere Menschen.

Kommunikation funktioniert bei Hörenden auch oft nicht.


Viele reden einen Haufen müll und man hat es manchmal schwer jemanden zu finden, mit dem man auf einer Wellenlänge liegt ...


Einfach aus Spontanität mal fragt:

Inwiefern klappt die Kommunikation unter Hörenden nicht...?



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Maja Mellifica hat geschrieben:
Viele reden einen Haufen müll und man hat es manchmal schwer jemanden zu finden, mit dem man auf einer Wellenlänge liegt ...

[lol]

Das ist aber was ganz anderes! Es liegt an den inhaltlichen Ansprüchen eines Kommunikationspartners
und nicht an seinen kommunikativen bzw. sprachlichen Fähigkeiten. Das müsstest du doch selber wissen ;)



Spitzenmitglied



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IK, Majas Punkt ist ja, dass Hoerende auch Kommunikationsprobleme haben als ein Beispiel auf CurlySmoothlys Frage "inwiefern ...".

Das Muellreden ist nur ein Beispiel. Taube Menschen reden auch Muell, wie man hier im Forum feststellen kann. Aber das lange Reden von belanglosen, nebensaechlichen Dingen ohne Punkt, auch von akademisch Gebildeten, finde ich haeufiger bei einigen Hoerenden. Man fragt sich dann oft, was will der damit sagen? ("Wellenlaenge"). Dies ist aehnlich, jedoch nicht gleich, dem "um den heissen Brei reden". Unterschied vom Muellreden im "um den heissen Brei reden" ist, dass man beim "um den heissen Brei reden" gewoehnlich weisst, was der Sprecher zu nennen vermeidet.

Ich glaube, Maja bezieht darauf.

Maja, andere Poster meinen mit "Kommunikationsprobleme" als Formen der Behinderungen. Sie meinen eher die Schranken zu Kommunikationsmitteln und Zugang zu den Informationen, die ueberall frei herumfliegt. Sprachlich koenne es statt "ich bin behindert" heissen "ich bin benachteiligt" oder "Die behindern mich".


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 18.07.2004, 21:07:48, insgesamt 1-mal geändert.

Man of Wisdom
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Hartmut, ich habe schon verstanden, worauf Maja hinaus wollte.
Da dieses Kommunikationsproblem überall auftritt, wo Menschen
und Kommunikation existieren, fände ich es nicht hilfreich, es in
ein Vergleich mit unserem behinderungs- bzw sprachlich bedingten
Kommunikationsproblem zu ziehen. Beim ersteren kommen die
Signale beim Empfänger an (wie dieser die Informationen inter-
pretiert, ist ein anderer Aspekt), beim zweiteren ist die Signal-
übertragung ja nicht mal gesichert.



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hi Hartmut und IK ...

was ich eigentlich damit erreichen wollte:

dass man als gl einmal mehr merkt, dass andere auch ihre probleme haben: einer stottert .. andere sind fett .. die nächsten sind hässlich ...

gl sein und "komisch klingen wenn man versucht zu reden" und andere probleme gibt es wirklich, doch wird es nicht helfen sich dann "behindert" zu fühlen ... einfach das problem anpacken ...

und menschen die dich wegen dieser Kommunikationsprobleme links liegen lassen, sind wahrscheinlich oberflächlich und dumm" ... gut sie nicht zu kennen!

heute im cafe war ich mit einer GL-Freundin und wir haben uns mit Gebärdensprache unterhalten, als eine fremdes Paar kam und einen Platz an unserem Tisch haben wollte ... als die bemerkt haben, dass wir wohl gl sind, haben die sich einen anderen tisch gesucht. :) gut dass ich nicht neben solch oberflächlichen Menschen sitzen mußte! :)

Gruß Maja



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Maja Mellifica hat geschrieben:
gut dass ich nicht neben solch oberflächlichen Menschen sitzen mußte! :)

Mann, bist du elitär. Und obendrein auch noch ziemlich oberflächlich... [roll]



Spitzenmitglied



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"Ich bin nicht behindert"
"Ich bin behindert"
"Ich fühle mich behindert."
"Ich bin behindert und nicht behindert."
"Ich stehe zu meiner Behinderung."
"Du verleugnest deine Behinderung, wenn du sagst, du seiest nicht behindert."

usw.

Was bedeuten diese Aussagen? Es hängt ab an was man under "behindert" versteht. "Behindern" ist eine Handlung. Zum vollkommenen Verständnis dieses Wortes gehören "wer oder was behindert" und "wer erfährt die behindernde Handlung".

IK hat schon von zwei Definitionen gesprochen: "sozialwissenschaftlich" und "biologisch". Anders ausgedrückt, ob die Behinderung von Leuten aufgestellt werden oder ob das Fehlen des Gehörsinns die Behinderung verursacht.

Der Begriff "Behinderung" geht zugleich mit deren "Reduzierung oder Entfernen" einher, abhängig wie man darunter versteht.

Versteht man "Behinderung" als gesellschaftlich, denkt man an Barrieren, die entfernt werden müssen, wenn die Gesellschaft sich als gerecht und sozial streben möchte. Denkt man darunter biologisch, denkt man an medizinische Lösungen, wie Operation oder Hörgerät.

Ich habe früher öfters geschrieben, in welcher Bedeutung der Begriff historisch entstanden ist, zuerst im angelsächsischen Sprachraum under "disability" und von dort in Deutschland von den Behindertenverbänden eingeführt. Ich wiederhole hier: der Begriff wurde zuerst soziologisch definiert. Wegen sprachlicher Trägheit, erfährt das Wort leider eine Bedeutungsumwandlung (also falsch verstanden und angewandt) und wird gleichbedeutend mit "Schädigung" oder "Verlust" gebraucht als wortverschönerndes Ersatz (= Euphemismus). Diese Bedeutung kommt z.B. in "hörbehindert" zum Vorschein, das als Ersatz von "hörgeschädigt" dient.

Mit dem Begriff "Behinderung", wie eingeführt von der Behindertenbewegung, werden immer mit gesellschaftlichen und politischen Lösungen verbunden und münden in Forderungen nach dem Entfernen der Barrieren. Die Medizin arbeitet weiter und sucht nach Prothesen oder anderen Prozeduren. Die Medizin wird nicht mit diesem Begriff unter Kritik gestellt. Das Wort wird gleichbedeutend mit "Benachteiligung", nicht "Schädigung". Die körperlichen Unfähigkeiten werden damit gar nicht in Frage gestellt. Statt Taubheit kommen die Benachteiligungen von Kommunikation und Informationszugang in den Vordergrund.

Also dient der Begriff politischen Zwecken und sollte eher unter diesem Aspekt angewandt werden. Interessant ist es ferner zu wissen, dass das Wort selten für Selbstdefinition wie "ich bin behindert" angewandt wurde. Wenn dann, kam es in "ich bin behindert durch …[Barrieren, nicht Körperschädigung]". Die Aussage "ich bin behindert" als Bezeichnung einer Identität oder als Ersatz für Schädigung (z.B. als Ersatz für "ich bin taub oder ich kann nicht hören."), machte wenig Sinn. Eher "wir sind behindert". Diese Aussage wirkte sofort politisch, und die Frage "inwiefern" wurde aufgestellt, da es klar war, dass es nicht um eine körperliche Unfähigkeit handelte.

Wenn die Users hier "ich bin nicht behindert" schreiben, drücken sie aus "Meine Taubheit behindert mich nicht." Die Aussage "ich bin behindert" ist zweideutig in dem Sinne "Meine Taubheit behindert mich" und "Der vorherrschende auditive Kommunikationskanal in meiner Umgebung behindert mich." Daher das Oxymoron: "ich bin nicht behindert (körperlich) und behindert (gesellschaftlich)." [Lukbo, das ist was du sicherlich in deinem Posting vom 07.06.04 - 17:48 meinst].

Statt schönredend "ich bin (körperlich) behindert" sagt lieber klipp und klar "ich bin taub bzw. schwerhörig", um eigene Identität anzugeben, oder "ich kann nicht hören", um damit das Nichthören der Geräusche usw. zu erklären.

Die Aussage "ich fühle mich behindert" ist auch zweischneidig.

Die Aussagen mit dem "zu Behinderung stehen" und "die Behinderung verleugnen" haben das Wort dieses Fehlens einer körperlichen Funktion in Bedeutung und ist sprachlich schwach formuliert. Es hätte "zur Taubheit stehen" heissen sollen. Die Diskriminierungen tauber Menschen in der hörenden Gesellschaft werden nie verleugnet, aber nur von manchen verneint oder bagatellisiert.

Fazit: Wichtig ist weniger was man über seine eigene Taubheit sagt, sondern wie man sprachlich vorgeht. Es geht mit dem Begriff vor allem um politisches Anliegen, nicht um das psychologische Befinden einer Unfähigkeit.


Hartmut



Spitzenmitglied



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Hochschieb, weil die Diskussion ueber Behindertsein in einem anderen Thread wiederaufgelebt ist.


Hartmut



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hmm - mal ne Frage: wer ist dann in unserer miesen Wirschaft im Vorteil, wenn es um eine Bewerbung zu einem einfachen Beruf wie Einzelhandelskaufmann geht? Der Gehörlose oder der Hörende? und dann möchte ich von euch wissen, wer der Behinderte ist!!!!

noch ne Frage:
Welchen Lebensweg willst du:

A. ist Telefonist, bekommt einen Hörsturz und ist taub. Seit dem ist er arbeitslos.( kriegt eh keinen Job, weil er behindert ist und die Wirtschaft mies ist)
B. ist auch Telefonist, bekommt einen Hörsturz und ist taub. Geht in die Klinik und ist für 6 Wochen arbeitsunfähig und kann wieder arbeiten gehen!

(Denkt mal an das Amerikanische System! wie sähe es dem ärbeitslosen Telefonisten aus??)

oder:

A. ist Postbote, hatte einen Unfall, verliert sein Bein. Kann keine Briefe austragen. Lebt seit dem von der Sozialhilfe, die von Jahr zu Jahr gekürzt wird , weil der Schröder es nicht auf die Reihe kriegt.

B. ist auch Postbote, hatte auch eine Unfall, verlor auch sein Bein und geht in die Klinik - und kann wieder springen und laufen - macht seinen Job weiter....

Also ich sage: die Gesundheit ist immer das Wichtigste. Nur wer eben gesund ist, kann seiner Arbeit bestens nachgehen und so mit verdienen. Die Mediziner geben kranken Menschen eine Prothese oder ähnliches und somit die meisten zufrieden sind - was ist daran falsch??

Gut - wenn einer eben Voll-GL ist, soll im Klaren sein, dass man mehr kämpfen muss.

Ich sehe es so: als Mensch sehe ich mich nicht so behindert - nur die miese Zeit macht uns mehr oder weniger behindert.



Neuling



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Picat, ja, so ist es. Aber das war zu allen Zeiten so.

Wie sich jeder selbst fühlt ist immer ganz persönlich.
Es kommt auf die persönlichen Verhältnisse an, ob
sich ein tauber Mensch oder ein einbeiniger Mensch
behindert fühlen.
Objektiv auf alle tauben und alle einbeinigen Menschen
gesehen, sind sie benachteiligt gegenüber den
zweibeinigen und hörenden Menschen.
Behindert ist keine Diskriminierung.
Es ist eher bewunderswert, das behinderte Menschen
trotzdem glücklich und erfolgreich leben.



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Du sagst es, descartes.

So lange der Behinderte nicht diskriminiert wird oder in der Gesellschaft benachteiligt ist, fühlt sich jeder Behinderte wohl.

Es ist richtig, dass es aufs Persönliche ankommt: ich z.B. fühle mich nicht behindert, wenn ich unter Leute komme, die mich so akzeptieren wie ich bin - und auch wissen, wie sie mit mir sprechen sollen (langsamer labern, mich angucken).
Aber wenn es auf hart auf hart geht. z.B. Arbeitsplatzsuche usw. dann fühl ich mich schon da behindert. - vielleicht ist das schon das falsche Wort - eher heisst es diskriminiert.
Aber trotzdem bin ich ziemlich zufrieden mit mir.



Neuling



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Interessante Diskussion!


Hat jemand schon einmal etwas von Marthers Vineyard gelesen?

Das ist eine Insel vor Neuengland. Die Bewohner der Insel bleiben meistens unter sich. Es kommen selten Fremde dort hin (außer Touristen). Viele von den Bewohnern sind miteinander verwandt.
Viele Einwohner haben erbliche Gehörlosigkeit. Deswegen gibt es dort im Verhältnis viel mehr GL als irgendwo anders in der Welt.
JEDER spricht dort ASL! Auch die HD unterhalten sich auf ASL, wenn sie z.B. außer Hörweite sind. Sonst nehmen sie natürlich LS. Sobald aber ein GL dazu kommt, sprechen alle nur noch ASL!
Gehörlos sein ist dort KEINE BEHINDERUNG, sondern ganz NORMAL.

Einmal gab es eine wissenschaftliche Untersuchung. Viele Leute wurden nach den Eigenschaften von ihren Mitbewohnern gefragt. Einige waren GL, andere HD. Die Leute haben immer erzählt, dass jemand "fleißig" oder "faul", "groß" oder "klein" ist, "blaue Augen hat" usw. NIEMAND hat gesagt "Person X ist GL". Das ist dort einfach nur EGAL!


Touristeninformation über Marthers Vineyard :
http://users.rcn.com/b/bbuinfo/MV-barter/index.htm

Interessant oder?

Fazit:
Eine Person IST NICHT behindert.
Die Gesellschaft MACHT eine Person Behindert. [confused]


Ceterum censeo Orlalismus esse delendam!
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Oralismus abgeschafft werden muss!



Spitzenmitglied



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Picat, Descartes,
ja, das ist genau was das Wort 'behindert' bedeuten soll. Es ist bedeutungsgleich mit "diskriminiert" oder "benachteiligt". Das Wort ist genauso in dieser Bedeutung entstanden. Nur hat man die Bedeutung aus Gewohnheit geaendert und als Ersatz zu medizinisch 'koerpergeschaedigt' verwendet, denn Ableismus ist stark in der Gesellschaft gepraegt.

Diskriminierungen sind Behinderungen! Das kann man objektiv feststellen. Es geht alles um Entfernung von Barrieren und Benachteiligungen. Mit dem Wort 'Behinderung' bzw. 'behindert' verbindet man mit Benachteiligungen, nicht mit Taubheit in unserem Fall.

Wenn Posters hier sagen "Ich bin/fuehle mich nicht behindert", meinen sie bestimmt zu sagen "Meine Taubheit behindert mich nicht". Sie haben das Wort medizinisch aufgefasst.

Wenn aber andere Poster sagen, "Ich bin/fuehle mich behindert", meinen sie das Wort vorwiegend gesellschaftlich.


Hartmut



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ok- stimmt. Behinderte werden mehr oder weniger diskriminiert - das stimmt in manchen Fällen.

Nur das Wort "behindert" kommt ganz bestimmt nicht von "Diskrimination" oder "benachteiligt sein".
Behindert sein heisst, dass man ein Handicap hat - also: wer im Rollstuhl fährt, ist gehbehindert. dh. der Betroffene kann nicht gehen - seine Füße hindern daran zu laufen.
Nur die Gesellschaft - die Masse der Gesunden - hat aus dem "behindert" ein Wortwandel gemacht - wie "der ist ja behindert!" mit ner abfälligen Betonung. Das wirkt schon diskriminierend.
Deshalb gibt es wohl im GG ein Gesetz, das besagt, dass Behinderte sich nicht benachteiligt werden sollen - ganz egal wo.
Nur der Unterschied ist es, dass es überhaupt wirklich ordnungsgemäß durchgezogen wird. Das glaube ich wohl kaum.

Nur wenn jemand sagt, dass er sich nicht behindert fühlt, dann hat er nettes Nest gefunden, wo die anderen auf den Behinderten Rücksicht nehmen.
Wenn jemand sich behindert fühlt, so hat er halt, einiges mitgemacht, wo es richtig unangenehm wird.

Im Grunde kann man ja schon sagen, dass die GL nicht behindert sind, denn mit der Gebärdensprache kommen sie ja wunderbar zurecht - nur wenn die Gesellschaft diese Sprache voll und ganz angenommen hat und sie auch komplett nutzt.
Aber es ist nicht der Fall - nur wenige Nicht-GL kennen die Gebärdensprache.



Spitzenmitglied



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picat hat geschrieben:
ok- stimmt. Behinderte werden mehr oder weniger diskriminiert - das stimmt in manchen Fällen.

Nur das Wort "behindert" kommt ganz bestimmt nicht von "Diskrimination" oder "benachteiligt sein". Behindert sein heisst, dass man ein Handicap hat - also: wer im Rollstuhl fährt, ist gehbehindert. dh. der Betroffene kann nicht gehen - seine Füße hindern daran zu laufen.


Du hast einmal in diesem Thread (das muss vor einigen Monaten sein), "Behinderung" als "ein staendiger Kampf" fuer die gesellschaftliche Gerechtigkeit und gegen Diskriminierungen definiert. Hast du dich geaendert?

Ich fand deine damalige Definition richtig. Wie ich schon mehrmals in diesem Thread erlaeutert habe, ging das Wort GANZ BESTIMMT im Zusammenhang mit dem Bestreben fuer den Abbau von gesellschaftlichen Benachteiligungen einher! Das ist historisch so, ich bin Zeuge! Das Wort sollte nicht medizinisch aufgefasst als "Handicap" und wort-beschoenigend statt "geschaedigt" benutzt werden! Das ist genau wie diese Bezeichnung in den 70er Jahren in den USA and in den 80er Jahren in Deutschland entstanden ist. Die Bezeichnung wurde gerade gekuert, um politisch am Abbau der Barrieren zu wirken. "Behindertenbewegung" bedeutet ja nicht Bewegung der koerpergeschaedigten Leute, sodern zielgerichtet Barriereabbau.

Ja, du hast Recht, dass die "Masse der Gesunden" die Bedeutung abgewandelt hat. Ableismus - eine Form von milder Rassismus, wo das Gesundsein und vollkommener Besitz aller Faehigkeiten diskriminierend als hochwertvoll gegen Kranken bzw. Unfaehigen vorgehalten werden - spukt ja ueberall in den Koepfen. Zuerst wurde das Wort gleichbedeutend mit "handicapped" aus ableistische Geistestraegheit benutzt und dann, wie du eben sagst, abwertend in "der ist ja behindert!".

Es hilft dagegenzutreten, wenn wir stetig das Wort in der Originalbedeutung benutzen, alles im Zusammenhang zu Barrieren, gesellschaftlichen Benachteiligungen und Diskriminierungen, weiter nichts.

"Wir sind behindert" soll stets zugleich "Wir sind benachteiligt" bedeuten. Und Barrieren werden mit Vorschlaegen zwecks deren Abbau aufgezaehlt. Das ist viel emanzipatorischer. Man weiss schon, dass das Hoerunvermoegen dahinter steckt oder hoert von uns sagen "Ich bin taub oder schwerhoerig" oder "Ich kann nicht hoeren.", nicht euphemistisch "hoerbehindert" (siehe mein Vergleich von Veilchen, das sich aus Scham "Blume" nennt, in einem Posting irgendwo in diesem Forum).


Hartmut



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Geändert habe ich mich keineswegs - ich sehe den Kampf als mein eigenes. Es geht nun nicht anders als nur kämpfen. Wenn du als Behinderter nicht kämpfst und einige Erfolge erzielt hast, so werden die Gesunden dich bewundern.
Wenn du eben nicht kämpfst, dann werden die Gesunden dich immer unterbuttern.
Es ist ja sonnenklar, wenn du als Schwerhöriger oder Tauber sagst, dass du hörbehindert bist, dann verstehen die Gesunden als jemanden der gar nix kann.
Wenn du aber sagst, dass du gehörlos oder schwerhörig bist, dann wissen die Gesunden, dass bei dir beim Gehör hapert. Und alles andere bei dir in Ordnung ist. Da ist der Schock nicht so groß für sie.
Aber wichtig ist ja immer, den Gesunden immer klar machen, was sie tun müssen: langsamer sprechen, in die Augen gucken usw. (<--- das ist ein Teil meines Kampfes... im Grunde ist das Leben ein Kampf!)

Gerade in der deutschen beschissenen Wirtschaftslage ist es sehr deutlich, dass die Behinderten in der Arbeitssuche noch mehr Schwierigkeiten haben. Der Grund ist ja, dadie Gesetze zu sehr für die Arbeitgeber im bezug auf das SGB festgetzt sind ( Kündigungsschutz). Unter anderem gibt es unter den Gehörlosen und Schwerhörigen oder auch andere Behinderte schwarze Schafe, die leider Gottes andere schaden!! Deswegen haben wir größere Schwierigkeiten eine Stelle zu bekommen.
Ausserdem sind jetzt in Deutschland mehr ältere Menschen als junge Menschen und die älteren Menschen werden langsam zu Behinderte ( bekommen dann einen Behindertenausweis) und sind somit im Kündigungsschutz. Und die jungen Behinderten kriegen keinen Job... so siehts aus!!

Wie es bei dir in Amerika ist, weiss ich nicht???
Ob da nicht die Behinderten auch schlechter einen Platz finden oder ist es da viel einfacher??
Ob da der Ableismus vielleicht in Amerkia stärker ist? Ich denke Amerika ist das Land, wo man die Sozialleistungen selbst aufkommen muss. Sprich: es ist eben kein Sozialstaat.



Spitzenmitglied



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Aloha Leutz,

fantastisch, dieser Thread kocht immer noch hoch! Ich würde mir mehr
solche Beiträge wünschen. Wir müssen lernen, mit Widersprüchen
umzugehen, davon profitieren alle! ;)

Für mich stellt sich nach letzten Beiträgen auch heraus, dass das Gefühl
behindert zu sein und es nicht sein zu wollen, für "Unfallinvaliden" (z.b.
der vor kurzem verstorbene "Superman" Christopher Reeve) wesentlich
grösser als die, die es immer schon z.B. seit Geburt oder im Kleinkindalter
waren.

Das Gefühl "behindert" zu sein, und stattdessen "gleich" wie andere sein
zu wollen, dürfte ähnlich aussehen wie der Wunsch eines unter Geld-
problemen leidenden Menschen nach dem Gewinn eines Lotto-Sechsers ist.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D




 Fühlst du dich behindert??





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